29. November 2018

Retrospektive: Jahrgang 2018

Es war die früheste Ernte seit 1947. Eine intensive Zeit geprägt von ungewöhnlichen Wetterphänomenen. Mit dem Beginn des Rebschnitts schließen wir das Extremjahr 2018 ab. Zeit, um alles Revue passieren zu lassen. Eine detaillierte Reise durch unser 2018:

Ein  neues Jahr beginnt. Wir stehen bereits seit ein paar Wochen im Weingarten und kümmern uns um den Rebschnitt. Damit legen wir die Grundlage für den kommenden Ertrag. Der Winter kommt wie schon das Jahr zuvor eher spät in Fahrt. Auf einen relativ warmen und schneearmen Jänner folgt ein umso kälterer Februar mit Temperaturen um die -20°C. Gerade brauchen auch die Weine des Vorjahres unsere volle Aufmerksamkeit. Im Keller regt sich einiges, es wird verkostet und diskutiert während wir uns immer weiter in Richtung Vegetationsstart bewegen. Seinen Höhepunkt findet der Winter im März, Minusgrade halten bis Ende des Monats an. Plötzlich wir die Natur (und besonders wir) von einem wie aus dem Nichts eintretenden Sommer überrascht. Den Frühling haben wir 2018 salopp übersprungen. Der mit ausreichend Wasser durchtränkte Boden sorgt gemeinsam mit dem heißen Aprilwetter in der hohen 20°C-Zone für einen Turbostart der Vegetation. Man spürt jetzt schon eine unglaubliche Energie im Weingarten! Die Reben gehen in den Saft und schon am 14. April treiben die ersten Augen aus!

An Spätfrösten schlittern wir in diesem Jahr glücklicherweise vorbei. Die frühe Hitzewelle im April und der ausgiebige Regen Anfang Mai bescheren uns die früheste Rebblüte die wir je erlebt haben (25. Mai). Am 2. Juni ist die Blüte im Kamptal abgeschlossen! Die hohe Hitze hat hier den positiven Nebeneffekt, dass die Gescheine teils unregelmäßig verblühen und wir großartige lockerbeerige Trauben bekommen. Der Sommer nimmt seinen Lauf. Wir erwarten Trockenheit und Hitze und beginnen wie im Vorjahr die Qualität zu sichern, in dem wir den Ertrag durch das teilen unseren Trauben, überwiegend beim Veltliner, reduzieren. Traubenschluss Ende Juni! Immer deutlicher werden die Zeichen einer besonders frühen Lese! Der Juli bringt zum Glück ausreichend Niederschlag und auch den letzten großen Regen vor Erntebeginn. Hauptsächlich sind wir nun mit Laubmanagement beschäftigt. Sehr gezielt entfernen wir in der Traubenzone nur Blätter im Inneren, um die höchst mögliche Beschattung unserer Beeren zu gewährleisten. Ohne direkte Sonnenbestrahlung können sie möglichst kühl ausreifen und ein deutlich feineres Aroma bilden. Der August bleibt staubtrocken und heiß. Mitte August ist die Zuckerreife bereits ungewöhnlich weit fortgeschritten, die ersten Trauben die wir kosten sind süß! Am 23. August stellen wir in Österreich einen neuen Rekord auf: man verzeichnet die meisten Hitzetage und tropischen Nächte innerhalb eines Jahres. Simultan finalisieren wir unsere Ernte-Strategie, denn die Lese naht im Sprint.

28. August: Die Scheren werden gezückt! Wir starten traditionell mit unserem Muskat-Ottonel. In den folgenden Tagen beginnen wir auch einen kleinen Teil des Veltliners in den Keller zu holen. Pünktlich mit dem 1. September ergießen sich, ähnlich wie im Vorjahr, sintflutartige Niederschläge über den Donauraum; zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt. Das ist Fluch und Segen zugleich. Die Natur hat das Wasser dringend nötig, denn die Böden sind bereits stark ausgetrocknet. Die dadurch ebenfalls etwas in Mitleidenschaft gezogenen Reben beginnen zu pulsieren und pumpen das lang ersehnte Wasser ins System. Das Ergebnis: Die Traubenreife wird quasi um 1-2 Wochen zurückgesetzt. Die Zuckergrade fallen. Das verschafft uns mehr Zeit die optimalen Lesezeitpunkte abzupassen. Die immer noch hohen Temperaturen (bis knapp 30°C) sorgen in Kombination mit der Feuchtigkeit für das Einsetzen von Botrytis, die Mitte September langsam sichtbar wird. Aufwändige händische Selektionsarbeit ist auch 2018 notwendig für die Feinheit und Definition, die wir uns in den Weinen wünschen. Nach dieser kurzen Regen-bedingten Leseunterbrechung konzentrieren wir uns weiter auf das Einbringen unserer Einstiegs-Qualitäten. Auch Chardonnay, Weissburgunder und Pinot Noir nehmen wir ins Visier, teilweise lesen wir unsere Burgunder nur aus. Das Wetter bleibt heiß und sonnig.

Wir nähern uns dem Oktober und ernten bereits einen Großteil der Lagen-Veltliner während wir uns auch den Riesling Ortswein zur Brust nehmen. Hier begegnet uns ein interessantes Phänomen: seit dem Regen nehmen die Riesling Trauben kaum in ihrer Zuckergradation zu. Wir kümmern uns daher fast ausschließlich um die Auslese von Botrytis-befallenen Material um ein weiteres Anstecken zu vermeiden. Entgegengesetzt des allgemein großen Umschwungs auf die Riesling-Ernte im Kamptal, entscheiden wir uns zuzuwarten und den Trauben mehr Zeit einzuräumen, besonders, da mit Ende September endlich Abkühlung in Sicht ist. Bis jetzt lesen wir immer noch in Badehose und beschränken uns daher hauptsächlich auf die Morgenstunden. Ein Kühl-Container hilft uns heuer erstmals die Temperatur der Nachmittags-Ernte bis zum nächsten Morgen zu senken, um auch hier das feine Aroma beim Pressen zu schützen. Der Temperatursturz und kalte Nächte sorgen schließlich ab Ende September für herrliche Konzentration in den Beeren. Wir ernten nun den Hauptteil der Veltliner aus unseren Top-Lagen; mit toller aromatischer Reife. Am 10. Oktober holen wir bereits die Veltliner Trauben für unseren Maximum ins Haus. Seit des Temperaturabfalls steigen nicht nur die Zuckergrade, sondern auch die teilweise bereits milderen Säurewerte. Optimal! Die Stöcke beginnen immer mehr Saft aus den Beeren abzuziehen. Die letzten Tage verbringen wir damit den ausgelesenen Teil unserer Lagen-Rieslinge zu ernten, die vergleichsweise immer noch niedrige Zuckergrade aufweisen. Die Trauben schmecken intensiv und wunderbar harmonisch. Mit dem 23. Oktober schließen wir die Lese ab. Riesling Maximum von den uralten Rebstöcken im nord-westlichen Teil der Lage Steinhaus und eine Veltliner Beerenauslese vom Thal landen als letztes in der Presse. Endlich geschafft! Alle Gesichter sind deutlich von Müdigkeit und Anstrengung gezeichnet, die Freude über die eingebrachte Ernte ist umso größer!

Damit beenden wir die wohl intensivste Lese seit 2014. Die richtige Strategie, eine gesunde Portion Intuition, unzählige Stunden an der Schere und an der Presse, viel Fleiß und aufmerksame Handarbeit sind die Grundlage dieses besonderen Jahrgangs. Jetzt widmen wir uns den gärenden Säften und heranreifenden Weinen im Keller. Wie immer wird die Zeit ihr übriges tun und nach und nach den Mikrokosmos der 2018er freilegen. Wir sind voll freudiger Erwartung! Bis es soweit ist, könnt ihr euch die Wartezeit mit einem langsam in Trinkreife kommenden Jahrgang 2017 versüßen 😉